Christian, wie kam es dazu, dass Du ein Unternehmen gründen wolltest?
Vor meiner Gründung war ich vier Jahre lang Berater bei Horváth & Partners, was eine wirklich tolle Zeit war. Doch auch davor war ich für Beraterprojekte in ganz Europa unterwegs und ich hatte irgendwann keine Lust mehr darauf, montagmorgens in den Flieger zu steigen und in Hotels zu übernachten. Gleichzeitig habe ich in dem Unternehmen meinen jetzigen Gründungspartner Bernhard kennengelernt. Bei unserer Zusammenarbeit hat sich die Idee zur Gründung einfach so ergeben.
Wolltest Du dich schon immer selbständig machen?
Dass ich mich irgendwann selbständig mache, war für mich eigentlich schon immer klar. Ich komme aus einer Unternehmerfamilie, wir hatten eine Bäckerei in Bad Homburg. Unternehmertum habe ich quasi mit der Muttermilch mitbekommen. In der Schule habe ich mit einem Freund schon ein Unternehmen gegründet. Wir haben uns viel mit Websiteentwicklung beschäftigt und für die „Dorfältesten“ aus Sportvereinen oder Handwerksbetrieben Websites programmiert.
Und worum geht es bei Eurer Plattform Adam?
Adam ist designed und entwickelt als ein KMU- und Startup-Controlling-Service. Also für Unternehmen mit maximal 50 Angestellten. Es besteht aus zwei Komponenten:
Zum einen gibt es die Plattform, mit der Unternehmen ihr Reporting automatisieren können. Die Finanzzahlen aus Controlling und Buchhaltung können dort reingeladen werden und wir arbeiten diese Zahlen in grafische Berichte auf. Im zweiten Teil bekommt jeder Kunde einen Sparringspartner an die Seite gestellt, der mit dem Kunden zusammen auf das Controlling schaut und Maßnahmen erstellt, die sich aus dem Reporting ergeben.
Wir sind damit so etwas wie die externe Controlling-Abteilung, die sich kleine Unternehmen und Startups in der Regel nicht selbst aufbauen können, weil die finanziellen Ressourcen oder das Knowhow fehlt. Die finanzielle Unternehmenssteuerung, die in großen Unternehmen selbstverständlich ist, können wir so auch in kleine Unternehmen bringen, weil sie dort genauso wichtig sind. Je kleiner ein Unternehmen ist, desto eher hängen Aufgabenbereiche wie das Controlling noch bei dem Inhaber selbst und genau dort setzen wir an.
Vor welcher Herausforderung stehen Controller meistens?
Das ist abhängig von der Größe des Unternehmens. Bei Konzernen oder größeren Mittelständlern geht es viel darum eine möglichst automatisierte Kostenrechnung zu etablieren, also eher organisatorische Themen als inhaltliche, weil das Controlling mitunter weltweit verknüpft werden muss. Bei Startups verändert sich der Bedarf an das Controlling: Da geht es nicht um Steuersparmodelle von ausländischen Holdings, sondern um viel bodenständigere Themen wie der richtige Zeitpunkt, um die nächste Maschine für die Fabrik zu kaufen, oder darum die Zahlen zu verstehen, die der Steuerberater liefert.
Es ist wichtig zu wissen welche Finanzzahlen für welche gesetzten Ziele herangezogen werden müssen. Welche Kennzahl wird von Startups dabei oft unterschätzt?
Das kann man gar nicht an einer bestimmten Kennzahl festmachen. Aber zu wenig Aufmerksamkeit gibt es oft für die Chancen und Möglichkeiten, die eine Planung und ein Forecast bietet. Ich hatte vor kurzem einen relativ großen Kunden von uns mit ein paar Millionen Euro Umsatz gefragt, ob er uns seine Plandaten liefern kann, damit wir das in das Reporting mit aufnehmen können. Aber es gab gar keine Planung und keine Möglichkeit die Ist- mit den Plandaten zu vergleichen. Es wird häufig nur auf die Ist-Zahlen geschaut. Unternehmer müssen aber aktiv mit den Zahlen arbeiten, die sie bei der Überlegung erhalten, was in den nächsten 6 bis 12 Monaten passieren wird.
Das Thema Liquidität ist seit des Lockdowns für alle noch einmal präsenter. Musstet ihr in der Coronakrise finanzielle Unterstützung beantragen?
Adam war zum Glück unbeeindruckt von der Pandemie. Wir haben eher einen Wachstumsschub erfahren. Ich glaube, dass viele während des Lockdowns ein bisschen zur Ruhe gekommen sind – auch die Unternehmen – und Zeit hatten, sich neu zu sortieren. Es gingen viele auf die Suche nach digitalen Lösungen, und so eine bieten wir an.
Ich habe gelesen, dass ihr ein Bootstrapped-Startup seid und nicht Venture-Capital-finanziert. Was bedeutet das genau?
Man spricht von einer Bootstrapped- oder Cashflow-Finanzierung, wenn man das Wachstum eines Startups aus eigenen Mitteln stemmt. Es gibt bei uns also keine externen Investoren oder Geldgeber. Investitionen generieren wir aus den Erlösen durch unsere Kunden. Wir haben uns für diesen Weg entschieden, weil wir glauben, dass wir das auch so schaffen können. Wir haben bei befreundeten Startups beobachtet, dass sie sich irgendwann abhängig und fremdgesteuert gefühlt haben.
Das hat alles seine Vor- und Nachteile. Unsere Wachstumsgeschwindigkeit ist dafür nicht so hoch und es dauert alles ein bisschen länger. Es gibt auch immer wieder Momente, in denen wir über Investoren nachdenken, aber bis jetzt haben wir die Entscheidung noch nicht bereut. Weil wir das zur Verfügung stehende Geld sehr klug einsetzen müssen, orientieren wir uns sehr stark am Kundennutzen. Beide Varianten bringen Gutes mit sich und eine Investorenfinanzierung ist in keinem Fall schlechter als unsere.
Könntest Du Dir vorstellen, dass ihr bei der Höhle der Löwen mitmacht?
Das ist ein sau cooles Format für junge Startups, die Produkte für Endkunden haben. Ich glaube, dass das Format für B2B-Geschäftsmodelle wie unseres nicht so geeignet ist, weil das TV-Publikum im Zweifel gar nicht die Zielgruppe ist. Der Anteil an „Unternehmenslenkern“ ist unter den Zuschauern nicht so groß und Investoren suchen wir ja derzeit gar nicht. Ich selber gucke das aber sehr gern!
Habt ihr Mentoren oder nutzt ihr eine Art des Mentorings?
Ich habe einen ehemaligen Studienkollegen, der den Umweg über die Beratung nicht gemacht hat und direkt gegründet hat. Der ist jetzt also schon ein paar Jahre weiter und hat mittlerweile drei Startups aufgebaut. Und für mich ist er so etwas wie ein Allround-Startup-Mentor, von dem ich sehr viel lernen kann. Der sagt mir dann auch gerne mal: „Jetzt mach halt einfach, im schlimmsten Fall geht’s schief.“
Du hast vier Jahre in Frankfurt gearbeitet. Gibt es dort etwas oder jemanden, das oder den du Dir auch in Darmstadt wünschst?
Die Skyline. Also die Wolkenkratzer und die ganze Großstadt-Atmosphäre. Abgesehen davon ist Darmstadt aber gut aufgestellt für Gründer. Wir sind hier in einem Coworking-Space und fühlen uns sehr gut aufgehoben. Die Gründerszene hilft sich hier gegenseitig.
Du willst mehr erfahren? www.meetadam.io
Das Interview führte Gesine Wagner.