Die beiden Gründer des Frankfurter Start-ups hyrd haben viele Jahre lang bei der Deutschen Bank im Investment Banking gearbeitet. Wieso es sie aber ins Recruiting zog und welche Herausforderungen da gerade auf Unternehmen warten, hat uns Mitgründer Dennis Pfaff im Interview erzählt.

Dennis Pfaff ist Mitgründer des Frankfurter Start-ups hyrd, ein Early Carrier Network, das Studierende mit Unternehmen verbindet. Bei hyrd verantwortet er die Bereiche Produktentwicklung, Marketing und Finanzen. Das Start-up wurde 2019 von ihm und Benjamin Weller gegründet. Ihre Plattform ist seit November 2020 live. Auf hyrd vertreten sind neben Großunternehmen wie Bayer, Merck und Big 4 auch viele Start-ups und mittelständische Unternehmen. 

 

Dennis, wer bist Du und was hast Du vor Deiner Gründung gemacht? 

Ich habe in Mannheim und Paris VWL und BWL studiert und war danach fünf Jahre bei der Deutschen Bank im Investment-Banking. Dazu gehört, Kapitalmarktfinanzierungen für große deutsche Unternehmen wie Siemens oder BMW zu begleiten. Wann immer es darum ging, Trainees, Praktikanten oder Werkstudierende in meinem Fachbereich einzustellen, war ich im Recruiting mit eingebunden, also bei den Interviews und der Auswahl. Ich habe festgestellt, dass einige Prozesse besser oder zumindest anders gestaltet werden können. 

 

Was genau lief nicht so ganz rund? 

Was ich selbst schon bei meinen Bewerbungen nach dem Studium gemerkt habe, ist, dass es wirklich aufwendig und auch schmerzhaft sein kann, sich als Berufseinsteiger zu bewerben. Die Bewerber-Experience ist häufig nicht ideal. Bei jedem potentiellen Arbeitgeber müssen die Bewerber unter Umständen ihre Daten in verschiedene, unternehmensspezifische Systeme eingeben, statt nur ihre Unterlagen an eine Mailadresse zu senden, wie es früher noch der Standard war. Für Unternehmen ist es komfortabler, wenn die Angaben direkt in ein System laufen. Aber für die Jobsuchenden ist es sehr viel Arbeit und manuell. Zudem gibt es oft kein Feedback und es dauert zu lange. 

 

Im Jahr 2019 hast Du dann hyrd in Frankfurt gegründet – ein Recruiting-Start-up. Warum? 

Um genau diese Dinge besser zu machen. Das Recruiting hat einen riesigen Impact auf die Personen. Wo die Karriere begonnen wird, in welcher Branche, hat einen großen Einfluss auf das spätere Leben. Der erste Job bringt jemanden in eine gewisse Richtung. Wenn man Menschen fragt, wie sie bei ihrer ersten Arbeitsstelle gelandet sind, war das häufig sehr zufällig: „Es hat sich so ergeben.“ Und auch Studien belegen eine gewisse Zufälligkeit. Ich und ein damaliger Deutsche Bank-Kollege wollen Studierenden helfen, den richtigen Job zu finden und die eigenen Karriereziele zu erreichen. Man kann zwar die Branche später wechseln und sich neu erfinden, aber in der Regel ist das leichter gesagt als getan.  

 

Wie löst Ihr das Problem der manuellen Eingabe in unterschiedlichste Bewerbersysteme? 

Bei uns werden die Software-Systeme der Unternehmen an die hyrd-Plattform angeschlossen. Das erlaubt den Studierenden, dass sie sich ein zentrales Profil bei uns anlegen und sich damit bei allen Jobs bewerben können ohne weiteren, händischen Aufwand. Außerdem soll so erleichtert werden, sich überhaupt einen Überblick des Jobmarktes zu verschaffen. Unser Anspruch ist es, den gesamten Jobmarkt auf einer Website beziehungsweise Plattform zu konsolidieren. Daher sind Stellenanzeigen bei uns auch kostenlos, denn sonst ist es nicht möglich, alle verfügbaren Jobangebote abzubilden. Das ist aber wichtig, da der Arbeitsmarkt immer undurchsichtiger und komplexer wird. 

 

Woran liegt das? 

Zum einen verändert sich der Markt schon seit ein paar Jahren, denn durch den Mangel an Arbeitskräften spricht man von einem Arbeitnehmermarkt: die Bewerbenden haben viel Auswahl und können sich – überspitzt gesagt – den Job aussuchen. Das führt auch dazu, dass es nicht mehr ausreicht, ganz traditionell eine Stellenanzeige auf die eigene Website zu stellen und zu hoffen, dass viele Bewerbungen rein kommen. Im Gegenteil: Viele Unternehmen berichten von viel zu wenig und nicht passenden Kandidaten.

Und da kommen wir dann zum nächsten Punkt, denn die Jobprofile und Berufe differenzieren sich immer mehr aus oder es kommen neue hinzu. Eine Berufsbezeichnung von vor fünf Jahren ist jetzt untergliedert in drei verschiedene, die sehr spezielle Anforderungen haben. IT-Fachkräfte sind besonders gefragt und rar, aber die Stellenausschreibungen der Unternehmen sind eher unrealistische Wunschbeschreibungen. Wir empfehlen unserem Kunden ohnehin, sich etwas vom Wissens-Recruiting zu lösen, sondern nach notwendigen Kompetenzen zu suchen. 

 

Ein soziales und gerechtes Berufsnetzwerk

 

Worum geht es bei hyrd neben der Abbildung des Jobmarktes noch? 

Wir möchten den Jobfindungs- und Bewerbungsprozess sozialer gestalten, deshalb ist hyrd auch ein Network. Die Bewerbenden können sich in unserer Talent Community zu Karrierethemen austauschen und müssen da nicht alleine durch. Wir möchten mit der Plattform vor allem für diejenigen für Chancengleichheit sorgen, die nicht etwa durch die Familie oder eine private Business School bereits ein Karrierenetzwerk und Vitamin B haben.

Den Unternehmen wiederum bieten wir an, sich frühzeitig mit Young Professionals auszutauschen und mit ihnen in Kontakt zu treten. Wir halten es für sinnvoll, wenn Arbeitgeber eine langfristige Beziehung zu potenziellen Kandidaten aufbauen, also beginnend im Studium, auch wenn sie sich erst in drei Jahren bewerben möchten. 

 

Chancenungerechtigkeit entsteht auch dadurch, dass Recruiter bewusste und unbewusste Vorbehalte gegenüber Geschlecht oder der Herkunft von Menschen haben. Habt Ihr dafür einen Lösungsansatz? 

Unsere Kunden können durch Active Sourcing zwar gezielt auf einzelne Kandidaten zugehen, allerdings können sie sich die Bewerberprofile nur anonymisiert anschauen. Name und Bild werden ausgeblendet. 

 

Ihr wart lange im TechQuartier anzutreffen. Wo seid Ihr jetzt? 

Genau, das TechQuartier war eine ganz wichtige Station für uns, denn wir haben viele Leute kennengelernt. Dort haben wir im Jahr 2019 gegründet. Seit Anfang dieses Jahres haben wir aber ein eigenes Büro, denn wir haben derzeit zwölf Angestellte und wollen 2022 noch sechs weitere einstellen. 

 

Im Februar habt Ihr Eure Seed-Finanzierung über 1,1 Millionen Euro verkündet. Wer sind Eure Investoren? 

Das ist einerseits als Anker-Investor die Beteiligungs-Managementgesellschaft des Landes Hessen. Des Weiteren haben sich Business Angels bei uns beteiligt. Darunter sind der Creditshelf-Mitgründer Christoph Maichel, den ich auch über das TechQuartier kennengelernt habe, und der HR-Tech-Investor Andreas Burike. Wir sind sehr froh, auch solche Branchen- und Gründungsexperten mit an Bord zu haben. 

 

Welche Pläne habt Ihr dieses Jahr noch? 

Zunächst möchten wir die Plattform technisch ausbauen, planen aber auch die Entwicklung einer App. Außerdem wird es einen Relaunch der Website geben. Es gibt viel Feedback von Kunden, das wir kontinuierlich umsetzen wollen.

 

Das Interview führte Gesine Wagner.

Du willst mehr erfahren? www.hyrd.de

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