Durch den Besuch einer Gründermesse, die ihm zu analog erscheint, entscheidet sich Arne Schäufele mit drei Mitstreitern selbst zu gründen, um die Eventbranche zu digitalisieren. Als Connfair mit der SaaS-Plattform so richtig Fahrt aufkommt, bricht die Corona-Pandemie aus. Veranstaltungen gibt es erstmal nicht. Kurzerhand betrachten sie den Supermarktbesuch als Event und entwickeln eine Hardware-Lösung für die Personenzählung: die Einlassampel. Durch eine schnelle Anpassung an die Situation konnten sie sich über Wasser halten und sind inzwischen unter den Halbfinalisten des Hessischen Gründerpreises.


Der Connfair-Mitgründer Arne Schäufele. (Foto: Connfair GmbH)
Arne, wer bist Du und was machst Du?
Ich bin Geschäftsführer und einer der Mitgründer des Startup-Unternehmens Connfair. Davor war ich dreieinhalb Jahre Unternehmensberater bei KPMG. Diese Zeit hat mich persönlich und beruflich weitergebracht, aber irgendwann kam dann der Zeitpunkt, an dem die Idee zu Connfair aufkam und reifte. Im März 2018 habe ich dann mit drei Freunden gegründet und seitdem gehen wir diesen Weg, auch wenn er hin und wieder mal holprig war. Inzwischen haben wir aber schon Einiges erreicht.
Wer sind Deine Mitgründer?
Zum einen ist das einer meiner sieben Geschwister, Joel, der studierter Wirtschaftsinformatiker ist. Er war lange in Teilzeit mit dabei und ist jetzt kürzlich vollständig mit eingestiegen. Micha, der Ingenieur ist, und Andreas als Softwareentwickler sind auch von Beginn an mit an Bord. Wir haben das alle eine Zeit lang nebenberuflich gemacht. Von den Fachgebieten, die jeder einzelne mitbringt, ergänzen wir uns super.
Muss bei vier Gründungsmitglieder einer den Hut bei Entscheidungen aufhaben?
Bei vielen inhaltlichen Entscheidungen ergibt es sich aus der jeweiligen Kompetenz. Da hat jeder in seinem eigenen Bereich schon mehr zu sagen. Wenn’s um das große Ganze geht, haben wir auch längere Diskussionen. Aber auch da haben wir bisher immer einen Konsens gefunden, ohne dass jemand mit der Brechstange ran musste. Am Ende stehen alle hinter der Entscheidung, vor allem wenn sie an die Angestellten kommuniziert wird, selbst wenn es ursprünglich nicht die eigene Meinung war.
Was war denn zuerst da: der Entschluss zu gründen oder die Gründungsidee?
Unternehmer sein hat mich immer gereizt und fasziniert, eigentlich seit der Schulzeit. Ich habe mir schon früh Gedanken gemacht um Dinge wie Strategien, Kommunikation oder Führungsstile. In die Unternehmensberatung zu gehen war für mich auch ein Schritt dahin, mal etwas Eigenes zu gründen. Da gab es noch keine konkrete Idee.
Gab es Einflüsse, die Dich schon in der Kindheit und Jugend auf das Thema Gründung gebracht haben?
Für mich war es mein Onkel, der selbst Unternehmer war und im Laufe der Jahre Marktführer mit seiner Software wurde. Anfangs musste er sich durchs Taxifahren finanzieren und wurde Stück für Stück aus eigenem Antrieb und mit viel Einsatz erfolgreich. Ein echter Macher-Typ mit viel Charisma. Wenn er nicht gewesen wäre, weiß ich nicht, ob mich das Unternehmertum so gepackt hätte.
Wann und wie entstand die Gründungsidee zu Connfair?
Die kam erst auf als ich vor fünf Jahren mit Micha, jetzt Co-Founder von Connfair, bei einer Gründermesse in Berlin war. Wir haben dort, wie es so üblich war, unsere Papiertickets mitgebracht und dann vor Ort einen Katalog in die Hand gedrückt bekommen, der schon gar nicht mehr aktuell war, denn er musste Wochen vorher gedruckt werden. Mir daraus meinen Tagesplan zusammenzustellen war sehr umständlich, weil die für mich relevanten Themen über verschiedene Seiten verstreut abgedruckt waren. Oder wir mussten beispielsweise handschriftlich einen Zettel ausfüllen, um die Vortragsunterlagen des Referenten eines Workshops zu erhalten. Dieser musste anschließend natürlich erstmal wieder abgetippt werden. Es gab einfach so viele Punkte, die analog und kompliziert umgesetzt wurden. Und wir dachten uns: Muss das so sein, gibt es da nichts Besseres? Das war für uns der Auslöser die Veranstaltungsplattform Connfair zu entwickeln, um die Digitalisierung für die Veranstaltungsbranche nutzbar zu machen.
Was genau macht ihr bei Connfair?
Wir sind in erster Linie Anbieter einer Software-as-a-Service-Plattform für Veranstaltungsorganisation und Besuchermanagement – das ist der Kern unseres Unternehmens. Ganz konkret kann man unter anderem mit dieser Lösung erfahren, über welche Marketingkanäle die Besucher eines Events zustande kamen und auch die Teilnehmerkommunikation oder Zahlungsabwicklung steuern. Neu haben wir eine Timeslot-Steuerung, mit der beispielsweise Freibäder ihre Auslastung im Blick halten können, in dem sich Besucher vorab für bestimmte Zeiten einbuchen. Angedockt werden dann zum Beispiel Hardware-Lösungen wie unsere Einlassampel, die automatisiert Personen bei Eintreten in ein Gebäude zählt oder Drehkreuze.
Die Einlassampel habt ihr im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt, da es einen Bedarf nach so einer Lösung gab. Wie kam es dazu?


Die Einlassampel von Connfair in einem Supermarkt zur Personenzählung. (Foto: Connfair GmbH)
Wir standen tatsächlich mit Ausbruch des Virus mit dem Rücken zur Wand. Wir hatten gerade eine neue Homepage gelauncht, das Vertriebsteam erweitert und waren drauf und dran neue Büroräumlichkeiten zu beziehen. Nun konnten wir vom einen auf den anderen Tag keine Umsätze mehr generieren, da alle Events abgesagt wurden. Irgendetwas mussten wir also machen. Dann ging die Nachricht rum, dass – zunächst in NRW – nur noch eine Person pro zehn Quadratmeter in Supermärkte rein durfte. Da hat es dann Klick gemacht, denn eine Funktion zur Personenzählung hatten wir schon bei unserem mobilen Drehkreuz integriert. Innerhalb von circa sechs Wochen haben wir daraufhin die Einlassampel als neues und eigenständiges Produkt entwickelt und den ersten Kunden an Land gezogen. Mit dem neuen Produkt und einem komplett neuen Absatzmarkt konnten wir uns dann im vergangenen Jahr über Wasser halten. Inzwischen fokussieren wir uns aber wieder auf die Veranstaltungsbranche.
Also ein Rettungsanker, den ihr nun wieder hochzieht?
Ja genau. Rein wirtschaftlich gesehen war es sogar eher ein Verlustgeschäft, wenn man auch die ganzen Arbeitsstunden mit einrechnet. Aber letztlich haben die Einnahmen uns trotzdem geholfen und das Projekt hat uns als Unternehmen wachsen lassen. Die mediale Präsenz durch die Einlassampel wirkt noch bis heute. Ich würde sagen, wir haben auch an Kredibilität gewonnen. Man findet Berichte im Spiegel oder von der Welt und n-tv über uns. Insgesamt also ein Erfolg.
Wie war die Resonanz auf so große Medienberichte?
An einem Tag lief auf n-tv mehrfach eine kleine Reportage über uns. Das Telefon hat den ganzen Tag nicht aufgehört zu klingeln und es kamen wahnsinnig viele E-Mails von Interessenten aus dem In- und Ausland rein. Aber auch Menschen mit den unterschiedlichsten Ideen und Kooperationsvorschlägen. Da muss man dann auch aufpassen. Man kann nicht mit jedem sprechen und jedes Angebot verfolgen, sonst verzettelt man sich. Links und rechts gibt es tausend weitere Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Produkte oder zum Vertrieb, aber irgendwann muss man einen Fokus reinkriegen.
Und ihr konntet alle Mitarbeitenden behalten?
Auch das. Wir mussten keine Kurzarbeit anmelden. Aber unsere Werkstudenten haben sich zu Beginn der Krise bereit erklärt auf null Stunden zu gehen und uns so dabei unterstützt, die Kosten herunterzufahren. Sie sind trotzdem an Bord geblieben und zum Glück konnten wir das ganze Team aufgrund der neu entwickelten Einlassampel innerhalb weniger Wochen wieder einbinden. Sonst verliert man vor allem als Startup-Unternehmen ein gewisses Momentum, die Aufbruchsstimmung. Wenn man anfangs schon eine längere Flaute hat, wäre das weg.
Welcher Tipp, den Du erhalten hast, war für Dich Gold wert?
Es ist eher ein Spruch: Der größte Fehler, den man machen kann, ist immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.
Und hast Du Angst Fehler zu machen?
Natürlich, denn man macht eigentlich am laufenden Band Fehler als Unternehmer. Man muss aber auch Entscheidungen treffen, um weiter zu kommen, und manchmal sind es vielleicht nicht die Richtigen. Wenn man es lässt, wäre das aber noch schlechter. Und wirklich kritisch wird es meistens sowieso erst, wenn man aus Fehlern nichts lernt und sich diese wiederholen. Viele Menschen in Deutschland gründen auch deshalb nicht, weil sie Angst haben zu scheitern und denken, dass sie dann abgestempelt werden. Dadurch geht uns viel verloren.
Das Interview führte Gesine Wagner.
Du willst mehr erfahren? www.connfair.com
Weitere Interviews von „Gründen & Wachsen“.