Wer „Kaffeekapseln“ hört, denkt schnell an Nespresso. Die wenigsten wissen, dass man die Alukapseln auch durch kompostierbare Kaffeekapseln ersetzen kann. Wir haben mit Christopher Kielhorn gesprochen, Gründer des Onlineshops „Coffee-Up!“, der genau diese nachhaltige Alternative vertreibt.

Wie kamst Du dazu „Coffee-Up!“ zu gründen?

Ich wollte mich schon länger selbstständig machen, denn ich bin gerne unabhängig, um eigene, kreative Entscheidungen treffen zu können. Das ist im Angestelltenverhältnis nicht immer so leicht. Und das Unternehmen, das ich gründen wollte, sollte etwas mit den beiden Themen Kaffee und Nachhaltigkeit zu tun haben.

Also habe ich, gemeinsam mit meinem damaligen Team, überlegt was wir in diesem Bereich machen können. Aus der anfänglichen Idee Dünger aus Kaffeesatz herzustellen wurde Begeisterung für den Kaffeemarkt und dann 2018 unser Onlineshop „Coffee-Up!“. Dort vertreiben wir kompostierbare Kaffeekapseln von verschiedenen Traditionsröstereien aus Europa, meistens im Familienbetrieb. Dass der Kunde eine große Auswahl hat, war uns wichtig. Vor fünf Jahren lief das Patent von Nespresso für die Kapseln aus. Seit dem passiert viel auf diesem Markt.

 

Die Kaffeebohnen selbst kommen meistens aus Übersee. Umweltschädliche Aspekte sind bei importierten Produkten oft die Verpackung und der Transport. Wie sieht das bei euch aus?

Wir achten sehr darauf, dass unsere Lieferanten nachhaltig sind. Dazu gehört zum Beispiel, dass das Verpackungsmaterial auf ein Minimum reduziert wird und Plastik vermieden wird. Auch große Bestellmengen sorgen für weniger Versendungen.
Den Trend nur regionale Produkte zu kaufen, wie es bei Gemüse inzwischen sehr gut möglich ist, gibt es bei Kaffee nicht. Ein Import von Übersee ist daher in diesem Fall notwendig, aber das kann man trotzdem klimaneutral gestalten. Bei der Schifffahrt sind aber durchaus noch umweltfreundliche Innovationen notwendig, denn bisher geht es fast nur mit Containern. Alternativen wie der Transport auf einem Segelschiff sind derzeit noch zu kostenintensiv.

 

Ist ein umweltbewusstes Leben denn Deiner Meinung nach zwangsweise kostenintensiver?

Nein, das muss nicht immer teurer sein. Unsere Kapseln sind beispielsweise nicht teurer als die von Nespresso.

 

Findest Du, dass die Wirtschaft in Deutschland nachhaltiger geworden ist?

Da ist auf jeden Fall noch Potenzial nach oben. In meiner Branche beobachte ich aber, dass immer mehr Hotels und Büros nach unseren nachhaltigen Kapseln fragen und die Alukapseln ersetzen möchten. Diese Entwicklung ist sehr erfreulich.

 

Würdest Du Frankfurt als eine umweltbewusste Stadt bezeichnen?

Es wird schon viel getan, um gegen die Vermüllung anzukämpfen. Das fällt mir unter anderem am Main auf. Nachholbedarf sehe ich in Sachen Fahrradfreundlichkeit, denn als Radfahrer kommt man hier schnell an seine Grenzen.

 

Nachhaltige Startups sind bei Investoren oft beliebt. Wie sieht es da bei euch aus?

Aktuell sind wir noch über family & friends finanziert, aber wir suchen nach Investoren. Es gab schon ein paar Gespräche. Aber wir merken, dass die Coronakrise die Finanzierungen erschwert. Trotz Interesse an unserem Geschäftsmodell vertrösten uns Investoren, da sie zunächst bei ihren bisherigen Investments bleiben wollen.

 

In Deinem Blog schreibst du „Kaufentscheidungen von Menschen sind sehr komplex.“ Warum?

Ich glaube die Schwierigkeit ist, dass viele Aspekte einer Kaufentscheidung auch unbewusst geschehen. Qualität, Preis, Nachhaltigkeit, Gewohnheiten: All das wägt ein Kunde ab – bewusst oder unbewusst – und priorisiert unterschiedlich.

 

Wie gestaltet ihr euer Marketing, um die Kaufentscheidungen zugunsten der Nachhaltigkeit positiv zu beeinflussen?

Ich bin der Überzeugung, dass sich die meisten Besitzer eine Kapselmaschine auch für eine nachhaltige, gleichwertige Alternative entscheiden würden, sofern es die denn gibt und sie davon wissen. Wir möchten daher nicht mit erhobenem Zeigefinger vorangehen, sondern müssen einfach auf die Produkte aufmerksam machen. Mit unserem Bio-Kaffee aus kompostierbaren Kapseln von Familienbetrieben zum selben Preis müssen wir gar nicht mehr so viel argumentieren.

 

 

Du hast vor der Gründung von „Coffee-Up!“ schon in vielen Bereichen und für einige Unternehmen gearbeitet. Was würdest Du sagen, welche Kompetenzen hattest Du für das Gründen dadurch schon und welche fehlten Dir noch?

Ich musste mir auf jeden Fall noch Wissen aneignen, aber das BWL-Studium hat in Sachen Unternehmertum schon geholfen. Im Job habe ich auch gelernt, wie ich man sich selbst organisiert und strukturiert arbeitet. Ich konnte gute wie schlechte Führungskräfte beobachten und daraus meine Schlüsse ziehen. Was man aber als Angestellter oder im Studium nicht lernt, ist den Überblick über alle Bereiche eines Unternehmens zu haben und die komplette Verantwortung zu übernehmen.

 

Bereitet es Dir manchmal Sorgen Arbeitgeber zu sein?

Ich mache mir auf jeden Fall viele Gedanken, wie ich mein Team motivieren kann, also ob alle zufrieden sind und Raum haben kreativ zu sein. Das sind weniger negative Gefühle. Ich schaue eher nach weiteren Möglichkeiten, um meine Angestellten noch besser zu unterstützen.

 

In einem Interview sagtest Du, Du würdest nie wieder ohne Co-Founder gründen. Warum?

Im Nachhinein wäre ein Sparringspartner echt gut gewesen. Im besten Fall gleicht der Co-Founder die eigenen Schwächen aus. Ich bin gut darin, mit Lieferanten zu verhandeln, Kundenbeziehungen zu pflegen oder das Unternehmen weiterzuentwickeln. Themen, bei denen man sehr genau sein muss, wie Buchhaltung, Controlling oder Rechtliches, sind für mich ehrlich gesagt etwas ermüdend. Ergänzende Kompetenzen, aber auch andere Sichtweisen, helfen bei einer Gründung enorm.

Ich habe damals leider niemanden gefunden, der das Risiko einer Gründung eingehen und seinen festen Job aufgeben wollte. Dazu kommt auch, dass die Chemie stimmen muss. Gemeinsam gründen, das ist fast wie heiraten und ein fremder Gründungspartner kam zumindest für mich nicht in Frage. Das wäre mir dann wiederum zu riskant.

 

Was ist für Dich die größte Herausforderung bei deiner Gründung?

Über alle Gründungsphasen und Unternehmensbereiche hinweg ist das die Finanzierung. Um zu wachsen, müssen wir zum Beispiel aktuell mehr Marketing betreiben und das ist mit hohen Kosten verbunden.

 

Du willst mehr erfahren? www.coffee-up.de

 

Das Interview führte Gesine Wagner.